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Spar-Erlebnis

Mit geringen finanziellen Mitteln, aber hohem Zeiteinsatz zeigt Joachim Essig,
daß auch der Privatmann ein beeindruckendes Edelbike bauen kann

AIs seine ehrwürdige Yamaha XJ 650 schließlich
130.000 Kilometer auf der Uhr hatte, war für Joachim
Essig aus dem schwäbischen Heubach die Zeit reif für
ein neues Bike. Wieder eine Yamaha sollte es sein,
diesmal aber eine FZR 1000. Doch sich von seiner
geliebten XJ 650 trennen? Das war undenkbar.
Also kam für den 33jährigen Diplom-Ingenieur nur in
Betracht, sie zu restaurieren oder zu veredeln.
Angesichts des glänzenden Ergebnisses, das er hier
in PS präsentiert, darf man ihm gratulieren, daß er
sich fürs Veredeln entschlossen hat.
"Angeregt durch das Buch ,Edel-Bikes selbstgebaut',
in dem das Vernickeln eines Motorradrahmens
beschrieben wird, entschloß ich mich, dem alten
XJ-Rohrrahmen ebenfalls einen solchen galvanischen
Hochglanz-Überzug zu spendieren", erzählt Essig aus
der Anfangsphase seines Projektes.

 

Dazu wurde die Maschine vollständig zerlegt, der Rahmen entlackt und anschließend mit Schleifleinen und Poliermaschine auf Hochglanz getrimmt. In der Galvanik nahm das Stahlrohrgestell dann zunächst ein korrosions-schützendes Kupferbad, bevor der Auftrag der hochglänzenden Nickelschicht folgte. Um die Rahmenrohre vor innerer Korrosion zu bewahren, spülte der Fachbetrieb das Rohrwerk abschließend noch gründlich mit Öl aus.
Das wunderschöne Fahrwerk bildete schließlich die Basis für allerlei Folge-Arbeiten, wie etwa den Selbstbau eines Einmann-Höckers in Egli-Form oder einer schnittigen Halbschale im Stile der Yamaha TRX 850. "Die alten Moto-ltalia-Fußrasten, die bislang gute Arbeit leisteten, polierte ich hingegen nur auf Hochglanz, dann sahen sie aus wie neu", betont Joachim Essig die schwäbische, weil kostensparende Vorgehensweise beim Aufbau seines Edelbikes.

 

Aus Kostengründen revidierte er den
Yamaha-Motor denn auch nicht
komplett, sondern prüfte nur
sämtliche Innereien hinsichtlich ihrer Funktionstüchtigkeit, strahlte ihn mit Glasperlen, spendierte ihm einen neuen Dichtungssatz sowie abschließend eine schwarze Lackierung. "Zusammen mit den polierten Motordeckeln sieht das sehr dezent und edel aus", findet der Leiter der Konstruktionsabteilung eines Maschinenbau-Betriebes.

 

Freilich wollten die schmalbrüstigen 18-Zoll-Räder der Original-XJ dann nicht mehr so recht zum sehr sportlichen Outfit der Maschine passen, und so sann Essig auf Ersatz in Form moderner Dreispeichen-Räder. "Auf dem Gebrauchtteilemarkt ließ sich aber partout kein entsprechendes Kardan-Hinterrad auftreiben, und Zubehörräder waren mir schlicht zu teuer. Also griff ich auf einen Rädersatz von der Yamaha FZR 600 zurück und fertigte auf dem CNC-Bearbeitungszentrum eine paßgenaue Adapterplatte für das ursprünglich für Kettenantrieb vorgesehene Hinterrad', erklärt Essig den schwierigsten Teil der Umbau-Aktion.

Im Zuge dieser Umrüstung übernahm er auch gleich die Bremsanlage - vorn wie hinten - von der FZR 600 und
fertigte entsprechende Bremszangen-Adapter.
Last but not least ließ er das schöne Stück schließlich von einem Profi lackieren - in Anlehnung an die Yamaha-
Rennfarben in Gelb, Weiß und Schwarz, wie sie einst Kenny Roberts in der 500er Weltmeisterschaft fuhr. Der
schönste Moment für jeden Edelbiker ist zweifels ohne der, wenn er sein Werk das erste Mal komplett zusammen-
gebaut bewundern kann. Das war fraglos auch bei Joachim Essig so. Nicht weniger schön war zudem noch die
Überraschung, die er beim Aufaddieren seiner Kosten für das Yamaha-Edelbike erlebte Glatte 8000 Mark hatte
ihn der Spaß nur gekostet - die 280 privaten Arbeitsstunden natürlich nicht mitgerechnet. Denn die geleisteten
Stunden verbuchen sogar schwäbisch-sparsame Edelbiker nur unter "Spaß am Schrauben". Und ohne den geht
bei echten Edelbikern bekanntlich gar nichts.

Jürgen Gaßebner - hier geht es zu der Webseite des Autors.

Dieser Artikel wurde den Seiten 74 bis 78 der Zeitschrift PS Ausgabe Nr. 4 / April 1998 ernommen

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letztes Update am 24.10.2010